Bei Migrantenkindern ist das Lesen für den Spracherwerb besonders wichtig. Gefördert wird es kaum. Wie schafft man Anreize in der Pandemie? Interview mit der Lehrerin, Journalistin und Buchautorin Melisa Erkurt.
Anlässlich des bundesweiten Vorlesetages berichtet das Journal Frankfurt über das vom Frankfurter Dezernat für Integration und Bildung geförderte Projekt „Frankfurter Bücherkoffer“. Die Koffer sollen Kinder unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft frühzeitig auf ihrem Bildungsweg unterstützen.
Integrations- und Bildungsdezernentin Sylvia Weber gibt das Go für den „Frankfurter Bücherkoffer” an Grundschulen und Bibliotheken in Frankfurt.
Frankfurt, 19. November 2020, Frankfurter Kinder sollen unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft frühzeitig auf ihrem Bildungsweg unterstützt werden. Als ein Baustein dazu startet nun das mehrfach ausgezeichnete Leseförder- und Integrationsprojekt „Frankfurter Bücherkoffer“ an elf ausgewählten Frankfurter Grundschulen und Schulbibliotheken sowie – pünktlich zum bundesweiten Vorlesetag am 20. November — an acht Öffentlichen Bibliotheken der Stadtbücherei.
Träger des Frankfurter Bücherkoffers ist „chancenreich e.V.“, der Frankfurter Verein für Bildung und Integration. Finanziert wird der Einsatz des Koffers in den Grundschulen vom Dezernat für Integration und Bildung in Frankfurt; ein Koordinationskreis bestehend aus dem Stadtschulamt, dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA), der Stadtbücherei und dem Staatlichen Schulamt für Frankfurt am Main steuert das Projekt. Claudia Landmann und Susanne Rosenfeld, Gründerinnen des Vereins chancenreich e.V., möchten, „dass Familien sich unabhängig von ihrem sprachlichen, sozialen oder kulturellen Hintergrund für den Bildungserfolg ihrer Kinder engagieren können.“ Ein Anliegen, das Integrations- und Bildungsdezernentin Sylvia Weber ausdrücklich unterstützt. „Rund Dreiviertel aller Kinder, die in Frankfurt eingeschult werden, wachsen mehrsprachig auf und sprechen Zuhause nicht vorrangig Deutsch. Was vielleicht zunächst wie ein Defizit klingt, birgt aber auch Chancen. Denn familiensprachliche Kompetenzen sind wertvoll, an ihnen knüpft der Spracherwerb in Deutsch an.“ Der Bücherkoffer mache die Herkunftssprachen der Kinder sichtbar und hörbar, so die Stadträtin: „Wer lernt, mit sprachlicher Vielfalt umzugehen, schätzt auch Diversität als Chance.“
So wird der Frankfurter Bücherkoffer eingesetzt
Jeder Koffer enthält zwölf ausgewählte Bücher, die neben Deutsch bis zu 50 verschiedene Sprachen umfassen. Hinzu kommen Unterrichtsmaterialien für die Lehrenden. In den elf Grundschulen tourt der Koffer durch die Klassen eines Jahrgangs, parallel dazu stehen die mehrsprachigen Buchtitel in der Schulbibliothek zur Einzelausleihe bereit. 41 Klassen und rund 1.000 Familien können vom Frankfurter Bücherkoffer in einem Schuljahr erreicht werden.
Jede Schülerin und jeder Schüler nimmt den Koffer für jeweils eine Woche zum Lesen mit nach Hause. Dazu gibt es ein Begleitprogramm mit mehrsprachigen Informationen für die Eltern. Das Projekt bezieht die Eltern aktiv mit ein und ermutigt sie zur Begleitung der Lernerfahrungen ihrer Kinder.
Hertie-Stiftung unterstützt Ausleihe in den Bibliotheken der Stadtbücherei
Dank der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung werden die Bücher auch in acht Öffentlichen Bibliotheken der Stadtbücherei präsentiert. „Der Frankfurter Bücherkoffer ist besonders in Corona-Zeiten ein wichtiges Lese- und Integrationsprojekt für Schülerinnen und Schüler“, betont John-Philip Hammersen, Geschäftsführer der Hertie-Stiftung. „Wir fördern das Projekt, weil uns wichtig ist, dass die Kinder in diesen herausfordernden Zeiten nicht den Anschluss in der Schule verlieren.“ Durch die Förderung können Kinder und Eltern in ganz Frankfurt und unabhängig von ihrer Schule die mehrsprachigen Titel ausleihen. Unter den Stadtteilbibliotheken ausgewählt wurden Stadtteile, die im Umfeld der Projektschulen liegen: Bergen-Enkheim, Bockenheim, Dornbusch, Gallus, Griesheim, Nordweststadt, Rödelheim, Sindlingen. Über den internen Leihverkehr können die Medien aber in jede Öffentliche Bibliothek der Stadtbücherei bestellt werden.
Projektstart Bundesweiter Vorlesetag am 20.11.2021
Die Ausleihe des Frankfurter Bücherkoffers startet zum Bundesweiten Vorlesetag am 20. November. An diesem 3. Freitag im November steht alljährlich das Vorlesen im Mittelpunkt. Und da gibt es noch viel zu tun. Die aktuelle Studie der Stiftung Lesen spricht davon, dass rund ein Drittel aller Eltern ihren Kindern selten oder gar nicht vorlesen. Hier setzt der Frankfurter Bücherkoffer an. Durch gemeinsames Lesen mit den Eltern, auch in der Familiensprache, helfen die Bücher mehrsprachig aufwachsenden Grundschulkindern beim Lesen lernen. Integrations- und Bildungsdezernentin Sylvia Weber freut sich über die gelungene Kooperation: „In diesem Jahr steht der Vorlesetag unter dem Motto ‚Europa und die Welt‘. Was könnte passender sein als ein Koffer mit 50 Sprachen aus der ganzen Welt?“
Weitere Presseinformationen:
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Wir freuen uns sehr, mit der Hertie-Stiftung eine der größten privaten Stiftungen in Deutschland für den Frankfurter Bücherkoffer gewinnen zu können. Durch die Förderung können weitere Schulklassen und zusätzlich 10 Frankfurter Stadtteilbibliotheken mit dem Bücherkoffer ausgestattet und somit rund 100 Kinder und ihre Familien mehr erreicht werden.
Das Bücherkoffer Programm hilft mehrsprachig aufwachsenden Grundschul- und Kita-Kindern beim Lesenlernen in ihrer Muttersprache. Das bundesweit einzigartige Programm motiviert Eltern zum gemeinsamen Lesen mit ihren Kindern und steigert damit ihre Bildungschancen in der Schule.
Ab sofort übernimmt Cornelia Funke die Schirmherrschaft für den Hamburger Bücherkoffer.
Der international bekannten Kinder- und Jugendbuchautorin ist die Leseförderung der Kleinsten ein besonderes Anliegen: „Die mehrsprachigen Bücher im Bücherkoffer machen Kinder verschiedener Nationalität neugierig auf die anderen. Kinder, die sich durch einen Migrations- oder Fluchthintergrund fremd und heimatlos fühlen, bekommen durch die Bücher das Gefühl, dass sie willkommen sind und sich ohne Angst auf die Kultur einlassen können, die nun ihre Wirklichkeit prägt. Ich lebe lange genug in einem anderen Land, um zu wissen, wie wichtig die Muttersprache bleibt. Deshalb setze ich mich als Schirmherrin dafür ein, dass der Bücherkoffer noch mehr Kinder und ihre Familien erreicht.“
Bücher in türkischer, arabischer oder russischer Sprache: Insgesamt 50 Sprachen kommen in den ausgewählten Büchern des Bücherkoffers zum Einsatz. Durch das Lesen in ihrer vertrauten Sprache soll den Fünf- bis Achtjährigen auch das Deutschlernen erleichtert werden.
Cornelia Funke, deren Romane in 37 Sprachen übersetzt werden, begrüßt als Schirmherrin das Ziel des Vereins, das Programm bundesweit auszuweiten. Neben Hamburg kommt das Programm bereits in ausgewählten Grundschulen in Frankfurt erfolgreich zum Einsatz. Seit 2016 hat das Programm bereits mehr als 2.350 Familien und deren Kinder beim Lesenlernen unterstützt.
Eine Pressemitteilung von coach@school e. V.
Hamburg, den 03.06.2020
Die Stiftung Lesen hat einen hervorragenden Service für Eltern, Kinder und Lehrer eingerichtet. Medientipps, Aktionsideen, digitale –auch mehrsprachige – Vorlesegeschichten und Unterrichtsmaterialien helfen, Kinder für das Lesen zu begeistern und zu Hause gemeinsam Zeit mit Geschichten zu verbringen.
Das erfolgreiche und mehrfach ausgezeichnete Lese- und Integrationsprojekt hilft Eltern bei der Förderung von Grundschulkindern
Sprache und Vielfalt fördern – unter diesem Motto wurden jetzt die ersten zwanzig Bücherkoffer an Frankfurter Grundschulkinder übergeben. Der Verein chancenreich e.V. hat das erfolgreiche und zuletzt mit dem Deutschen Integrationspreis ausgezeichnete Projekt aus Hamburg in die Mainmetropole geholt.
In zehn Klassen wurde der „Frankfurter Bücherkoffer“ an verschiedenen Grundschulen an die Schüler und ihre Lehrerinnen übergeben. An der Berthold-Otto-Schule im Stadtteil Griesheim feierte die Schulgemeinde ein buntes Lesefest für die Eltern und in den Klassen wurde mit Begeisterung in den neuen, mehrsprachigen Büchern gestöbert.
Das Angebot des mehrsprachigen „Frankfurter Bücherkoffers“ richtet sich an interkulturell gemischte Grundschulklassen. Er enthält 12 ausgewählte Kinderbücher, die neben Deutsch mindestens eine weitere – sogar bis zu 50 – andere Sprachen enthalten. Arabisch, Englisch, Farsi, Französisch, Russisch, Türkisch oder Serbokroatisch – sogar Tigrinya ist dabei.
Im Laufe des Schuljahres wandert der Koffer jeweils für eine Woche abwechselnd mit den Schüler*innen nach Hause. Dort sollen die Kinder gemeinsam mit ihren Eltern lesen – in Deutsch oder in ihrer Muttersprache. Dazu gibt es ein Begleitprogramm mit mehrsprachigen Informationen für die Eltern. Außerdem enthält der Koffer Unterrichtsmaterialien für die Lehrer*innen, denn mit zwei Büchern kann auch fächerübergreifend im Unterricht gearbeitet werden.
Sidonia Kolster, Lehrerin an der Berthold-Otto-Schule: „Einige unserer Schüler*innen haben zuhause nur wenige Bücher. Mit dem „Frankfurter Bücherkoffer“ bekommen alle die Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Eltern qualitativ gute Bücher zu lesen. Gemeinsames Lesen ist äußerst motivierend und hat eine Schlüsselrolle für die schulische Entwicklung. Das erfolgreiche Erlernen der deutschen Sprache wird auch durch Lesen in der Muttersprache gefördert.“
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Studien belegen, dass mehrsprachige Kinder in der Grundschule besser in Mathematik sind und schneller andere Sprachen wie etwa Englisch lernen.
Lesen und hören Sie den Beitrag auf SWR2.
Jahrzehntelang galt das Credo: Zu Hause muss Deutsch gesprochen werden. Nur dann sei die Integration zugezogener Familien möglich. Aber die Forschung zeigt: Kinder müssen nicht die Sprache ihrer Eltern vergessen, um eine andere zu lernen. Lesen Sie den gesamten Artikel auf Deutschlandfunk Kultur
Lesen Sie auf Zeit Online – Die neue Pisa-Studie zeigt: Deutschlands Schüler werden wieder schlechter. Zu kämpfen haben vor allem die Einwandererkinder. Was ihnen helfen würde, ist kein Geheimnis.